Führungsaufsichtsstelle

Immer wieder erreichen uns Anfragen aus den Medien zu laufenden Führungsaufsichtsverfahren. Aus diesem Grunde möchten wir als Justizmedienstelle die Gelegenheit nutzen, Ihnen die wichtigen Aufgaben der hiesigen Führungsaufsichtsstelle vorzustellen:

Was genau ist „Führungsaufsicht“?

Das Institut der Führungsaufsicht ist eine der im Strafgesetzbuch (hier § 61 ff. StGB) geregelten „Maßregeln der Besserung und Sicherung“. Hierbei handelt es sich nicht um eine Strafe im Sinne der deutschen Strafgesetze, sondern um eine Maßnahme zum Schutze der Bevölkerung. So zählen neben der Führungsaufsicht etwa auch die Entziehung der Fahrerlaubnis sowie das Berufsverbot zu den nicht freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung. Demgegenüber sind  freiheitsentziehende Maßregeln der Besserung und Sicherung etwa die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt und die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung. Die genannten Maßregeln der Besserung und Sicherung sind in die Zukunft gerichtet, sollen eine erneute Straffälligkeit verhindern und auf diese Art und Weise die Allgemeinheit schützen.

Bereits die Bezeichnung der Führungsaufsicht verdeutlicht ihre beiden Aufgaben: „Führung“ und „Aufsicht“. Zum einen soll die Führungsaufsicht die verurteilte Person nach der Entlassung aus der Strafhaft, der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt durch Betreuung und Hilfe unterstützen, ihr dadurch die Eingliederung in die Gesellschaft erleichtern und sie vor erneuter Straffälligkeit bewahren. Zum anderen soll sie eine Überwachung und Kontrolle der verurteilten Person gewährleisten. Diese beiden Aspekte der Führungsaufsicht - Hilfe und Kontrolle - finden bei der Ausgestaltung gleichermaßen Berücksichtigung, können aber abhängig vom Einzelfall durchaus unterschiedlich gewichtet werden.

Damit hat die Führungsaufsichtsstelle eine hohe Verantwortung im Rahmen der Sicherungs- und Resozialisierungsaufgaben der Justiz. Durch eine strikt überwachte Führungsaufsichtsmaßnahme wird das Rückfallrisiko minimiert und die Sicherheit für die Bevölkerung erhöht.

Wann tritt Führungsaufsicht ein?

Es führen zwei Wege zur Führungsaufsicht:

(1) Eintritt der Führungsaufsicht nach Strafverbüßung:

 - Bei bestimmten rückfallträchtigen Delikten (§ 68 Abs. 1 StGB in Verbindung mit der jeweils zur Anordnung der Führungsaufsicht ermächtigenden Norm, wie etwa § 181 b StGB)

 - Nach Vollverbüßung einer längeren Freiheitsstrafe (§ 68 f StGB)

(2) Eintritt der Führungsaufsicht im Zusammenhang mit einer freiheitsentziehenden Maßregel wie z.B. der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt und der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung (§§ 67 b, c, d StGB).

Welche Weisungen und Auflagen werden im Rahmen der Führungsaufsicht verhängt?

Aufgabe der Führungsaufsicht als Maßregel der Besserung und Sicherung ist es, Straftäterinnen und Straftätern mit vielfach schlechter Sozialprognose nach Strafverbüßung oder im Zusammenhang mit einer freiheitsentziehenden Maßregel eine Lebenshilfe vor allem für den Übergang von der Freiheitsentziehung in die Freiheit zu geben und sie dabei zu führen und zu überwachen. Durch gerichtlich beschlossene „Führungsaufsichtsweisungen“ werden die Probandinnen und Probanden z. B. verpflichtet, sich bei der Bewährungshilfe, der Drogenberatung oder speziellen Nachsorgeeinrichtungen vorzustellen. Auch Alkohol- und Drogenverbote werden oft angeordnet. Bei verurteilten Sexualstraftätern kann im Rahmen der Führungsaufsicht etwa der Kontakt zu gefährdeten Personen, z. B. Kindern, verboten werden.

Welche Folgen hat ein Verstoß gegen die verhängten Auflagen und Weisungen?

Die strikte Einhaltung der verhängten Auflagen und Weisungen ist Grundlage einer funktionierenden Führungsaufsicht. Daher achten die Mitarbeiter der Führungsaufsichtsstelle auf die Einhaltung und reagieren bei Verstößen prompt.

Wird gegen Auflagen und/oder Weisungen der Führungsaufsicht verstoßen, stellt die Führungsaufsichtsstelle einen Strafantrag, der dann zu einer Anklage und einer erneuten Verurteilung führt. Der Gesetzgeber hat hierzu mit der Regelung des § 145a StGB einen eigenen Straftatbestand geschaffen, der Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren vorzieht.

Wie arbeitet die Führungsaufsichtsstelle?

Um die beschriebenen vielfältigen Aufgaben zu bewältigen, gibt es in Rheinland-Pfalz vier Führungsaufsichtsstellen. Dabei ist beim Landgericht Koblenz die größte Führungsaufsichtsstelle eingerichtet. Hier werden fast 700 Personen von einem Richter und zwei Angehörigen des Sozialdienstes betreut. Der für die Führungsaufsichtsstelle zuständige Richter arbeitet dabei eng mit der Bewährungshilfe zusammen. Beide sollen den verurteilten Personen helfend und betreuend zur Seite stehen („führen“) und gleichzeitig die Einhaltung der Auflagen und Weisungen kontrollieren („Aufsicht“).

Die Führungsaufsicht arbeitet eng mit der Polizei zusammen, um Rückfälle zu verhindern. Insbesondere können polizeiliche Beobachtungen angeordnet werden. Bei besonders rückfallgefährdeten Tätern ist eine Zusammenarbeit im „VISIER“ - Programm“ vorgesehen. Hierbei handelt es sich um ein vorbeugendes Informationsaustauschsystem zum Schutz vor entlassenen Rückfalltätern. Informationen hierzu sind unter jm.rlp.de/fileadmin/mjv/Justizblatt/2017/Justizblatt_12-71_ohne_PN.pdf abrufbar.

Oft werden auch sog. „Fallkonferenzen“ mit den Beteiligten und dem Probanden organisiert, die eine enge Abstimmung im Hinblick auf etwaig auftretende Probleme ermöglichen.

Chancen und Ausblick

Zur Einwirkung auf schwierige und rückfallgefährdete Probanden ist die Führungsaufsicht das mildeste und zugleich auch effektivste Mittel.

Dies gilt insbesondere nachdem der Gesetzgeber im Jahre 2016 als Konsequenz aus dem Fall „Gustl Mollath“ die Voraussetzungen für die Anordnung einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB wesentlich verschärft hat (Gesetz zur Novellierung des Rechts der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 des Strafgesetzbuches und zur Änderung anderer Vorschriften vom 08. Juli 2016, BGBl. 2016 Teil I, Nr. 34, 1610 ff.)

Fehlt ein bewährungsüberwachendes Gericht - z. B. bei Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus -  ist die Führungsaufsichtsstelle zentraler Ansprechpartner.

Insbesondere die aus dem Maßregelvollzug entlassenen Probandinnen und Probanden sind zudem sehr betreuungsintensiv, da eine lange Unterbringungszeit ihnen oft alle Sozialkontakte und Zukunftsperspektiven genommen hat. Angemessene Unterbringungsmöglichkeiten und Jobangebote fehlen regelmäßig. Psychische Erkrankungen und die fehlende Bereitschaft, Medikamente zu nehmen, erschweren die Betreuung und steigern das Rückfallrisiko erheblich. Ein intensiver Austausch aller Beteiligten im Übergangsmanagement und danach ist dringend geboten und zeitintensiv.

Die Führungsaufsicht hat in den letzten Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen. Dieser Bedeutungszuwachs resultiert insbesondere aus den positiven Erfahrungen und Erfolgen bei der Begleitung der Probanden durch die Führungsaufsichtsstellen.

Dabei konnte durch schnelles und vernetztes Handel der Führungsaufsicht die Sicherheit der Bevölkerung in vielen Einzelfällen deutlich erhöht werden, auch wenn diese Erfolge oft im Verborgenen bleiben.

Auskünfte zu laufenden Führungsaufsichtsverfahren

Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir zu laufenden Führungsaufsichtsverfahren keine Auskünfte erteilen können. Die Entscheidungen in Führungsaufsichts- und Bewährungsverfahren werden zum großen Teil in nicht öffentlichen Anhörungsterminen getroffen. In dem sensiblen Bereich der Führungsaufsicht ist das zu erfüllende Ziel der Resozialisierung gegenüber dem Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit vorrangig.