Zivilverfahren

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Entscheidungen des Monats

LG Koblenz – Urteil vom 18.12.2025 – 15 O 97/24
(nicht rechtskräftig)

Welche Anforderungen gelten hinsichtlich einer zwischen einer Mandantin und ihren Rechtsanwälten vereinbarten zusätzlichen Vergütung nach Abschluss des Mandats? Diese Frage hatte die 15. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz zu beantworten.

Zum Sachverhalt:

Die Klägerin wurde durch die beklagte Rechtsanwaltskanzlei außergerichtlich in einer Schadens- und Schmerzensgeldsache vertreten. Bei Mandatserteilung schlossen die Parteien eine weitere schriftliche Vereinbarung die mit „Zusatzvereinbarung zur anwaltlichen Vergütung“ überschrieben war. Darin hieß es unter anderem: „Die Parteien sind sich einig, dass im Falle des Erfolgs, die Frage einer zusätzlichen, über die gesetzliche Regelung hinausgehenden Vergütung noch einmal besprochen wird.“ Im Rahmen der außergerichtlichen Verhandlungen schloss die Beklagte für die Klägerin einen Vergleich ab, nach dem die Klägerin 150.000 € erhalten sollte. Diese Summe wurde von der Gegenseite gezahlt und ging auf dem Konto der Beklagten ein. Nach Zahlungseingang kam es zu einem Telefonat zwischen der Klägerin und der Beklagten, in dem über die Zahlung einer freiwilligen zusätzlichen Vergütung gesprochen wurde, wobei jedoch der genaue Inhalt des Gesprächs zwischen den Parteien streitig war. Die Beklagte stellte der Klägerin sodann eine „Erfolgsunabhängige Vergütung, Vergütungsvereinbarung § 3a RVG, §§ 4, 3a RVG“ über einen Betrag in Höhe von 20.000 € zuzüglich 19% Mehrwertsteuer, insgesamt somit 23.800 € in Rechnung. In einer Textnachricht an die Klägerin vom gleichen Tag bedankte sich die Beklagte für die „entgegenkommende und anerkennende Zahlung der zwischen uns besprochenen Zusatzvergütung von 20.000 € netto“ und erteilte Abrechnung. Dabei zog sie von den erhaltenen 150.000 € Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 23.800 € ab. Den danach verbleibenden Zahlbetrag in Höhe von 126.200 € kehrte die Beklagte sodann an die Klägerin aus. In der Folgezeit forderte die Klägerin erfolglos von der Beklagten auch die Überweisung der restlichen 23.800 €.

Die Klägerin war der Auffassung, dass keine wirksame Vertragsgrundlage für den Abzug von 23.800 € vorgelegen habe und machte diesen Betrag nebst Zinsen in dem vorliegenden Verfahren geltend.

Die Beklagte behauptete, dass die Parteien in dem Telefonat eine keinerlei Formvorschriften unterliegende Bonusvereinbarung getroffen hätten. Die Klägerin habe Kenntnis davon gehabt, dass die Beklagten keinen Rechtsanspruch auf eine Bonuszahlung habe und sich trotzdem mit einer solchen in Höhe von 10 % der Gesamtentschädigung einverstanden erklärt. Es sei auch vereinbart worden, dass diese Bonuszahlung durch entsprechende Einbehaltung der eingegangenen Entschädigung erfolgen sollte. Die vereinbarte Bonusvereinbarung stelle weder eine Erfolgsvereinbarung noch eine Gebühren- oder Vergütungsvereinbarung i. S. d. § 3a RVG dar. Wenn sich die Klägerin, wie erfolgt, bei völliger Transparenz entscheide, einen Bonus zu bezahlen, verstoße es zudem gegen Treu und Glauben, sich auf eine fehlende Textform zu berufen.

Die Entscheidung:

Die 15. Zivilkammer hat der Klage stattgegeben und die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung verurteilt. Die Klägerin habe einen Anspruch auf Auszahlung der übrigen 23.800 €, weil die von der Beklagten behauptete Vereinbarung aufgrund eines Verstoßes gegen die Formvorschrift des § 3a RVG nicht formwirksam zustande gekommen sei.

Zunächst sei festzustellen, dass keine Schenkung vorliege, weil die Verknüpfung mit einer Gegenleistungspflicht auch noch durch nachträgliche Gewährung einer Vergütung für eine Leistung erfolgen könne, die ursprünglich ohne Anspruch auf dieses Entgelt erbracht worden ist. Der von der Beklagten geltend gemachte Vergütungsanspruch stelle auch kein Erfolgshonorar dar, weil keine Vergütung vereinbart worden sei, deren Entstehen von einer aufschiebenden Bedingung (§ 158 BGB) eines – je nach Einzelfall näher definierten – Erfolges der anwaltlichen Tätigkeit abhängig gewesen sei.

Die Kammer hat es jedoch aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme als erwiesen angesehen, dass die Parteien telefonisch eine Vereinbarung über die Gewährung einer zusätzlichen Vergütung in Höhe von 23.800 € zugunsten der Beklagten getroffen haben. Bei dieser handele es sich um eine dem § 3a RVG unterfallende Vergütung. Bereits dem Wortlaut und Wortsinn nach liege eine Vergütungsvereinbarung vor, da mit dieser Vereinbarung die Beklagte für ihre erbrachte anwaltliche Tätigkeit (wenn auch zusätzlich) entlohnt, mithin vergütet werden sollte. Die Beklagte habe selbst in der von ihr vorformulierten „Zusatzvereinbarung zur anwaltlichen Vergütung“, in mehreren Textnachrichten und der Kostenrechnung stets das Wort „Vergütung“ aufgeführt. Zudem verwende das Gesetz den Begriff „Vergütungsvereinbarung“ dann, wenn eine höhere oder eine niedrigere als die gesetzlich festgelegte Vergütung zwischen Anwalt und Mandant vereinbart werden soll. Somit gelte der § 3a RVG, wovon die Beklagte im Übrigen wohl selbst ausgegangen sei, denn mit ihrer Kostenrechnung habe sie eine „Erfolgsunabhängige Vergütung, Vergütungsvereinbarung § 3a RVG, §§ 4, 3a RVG“ in Rechnung gestellt.

Für die abgeschlossene Vereinbarung gelte somit das Formerfordernis der Textform, wovon auch entgegen der Ansicht der Beklagten nicht abgewichen werden könne. Der vereinzelt in der Literatur vertretenen Auffassung, dass es ohne Einhaltung von irgendwelchen Formalien möglich sein müsse, mit dem Mandanten nach Abschluss des Mandats einen wie auch immer gestalteten Zuschlag oder Bonus zu vereinbaren, vermochte sich die Kammer nicht anzuschließen. Die unterschiedliche Situation zu Beginn und nach Abschluss des Mandats vermöge ein Abweichen von der Formvorschrift nicht zu begründen. Die Schutzbedürftigkeit des Mandanten möge zwar nach Abschluss des Mandats geringer sein, sie entfalle jedoch aufgrund der grundsätzlich überlegenden Erfahrung des Rechtsanwalts bei solchen Verhandlungen nicht vollständig. Zudem könne bei einer solchen Verhandlung auch ein gewisser Zwang entstehen, wenn – wie auch vorliegend – neben der Betonung der Freiwilligkeit einer solchen zusätzlichen Vergütung, zugleich auch darauf abgestellt werde, dass man sich darauf verlasse, dass der Mandant zu seinem Wort stehe. Auch vor dem Hintergrund des mit der Textform einhergehenden Schutzzwecks (Warnfunktion) und der Beweisfunktion sah die Kammer keine Veranlassung, von dem Erfordernis der Textform abzuweichen. Die Klägerin verstoße auch dadurch, dass sie sich auf die Formunwirksamkeit beruft, nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB). Der Formmangel eines Rechtsgeschäfts sei nur ganz ausnahmsweise wegen unzulässiger Rechtsausübung unbeachtlich, weil sonst die Formvorschriften des bürgerlichen Rechts ausgehöhlt würden. Eine solche Ausnahme liege jedoch nicht vor. Die Klägerin habe weder die Beklagten schuldhaft von der Einhaltung der Schriftform abgehalten, noch nach Abschluss der Vereinbarung, auf deren Formunwirksamkeit sie sich beruft, Vorteile aus dem Vertrag gezogen oder durch ein Handeln ein berechtigtes Vertrauen der Beklagten auf die Wirksamkeit des Vertrages begründet, aufgrund dessen die Beklagten irgendeine Leistung erbracht hätte. Aufgrund des Verstoßes gegen die Textform könne somit die Beklagte gem. § 4b RVG keine höhere als die gesetzliche Vergütung fordern. Da die gesetzliche Vergütung, die Geschäftsgebühr, bereits an die Beklagte bezahlt worden sei, bestehe ein darüber hinausgehender Vergütungsanspruch, mit dem die Beklagte gegen den unstreitigen Auszahlungsanspruch hätte aufrechnen können, nicht. Die Beklagte sei daher gem. §§ 675, 667 BGB zur Herausgabe des einbehaltenen Fremdgeldes in Höhe von 23.800 € verpflichtet.

Auszug aus dem RVG 
§ 3a Vergütungsvereinbarung 
(1) Eine Vereinbarung über die Vergütung bedarf der Textform. Sie muss als Vergütungsvereinbarung oder in vergleichbarer Weise bezeichnet werden, von anderen Vereinbarungen mit Ausnahme der Auftragserteilung deutlich abgesetzt sein und darf nicht in der Vollmacht enthalten sein. Sie hat einen Hinweis darauf zu enthalten, dass die gegnerische Partei, ein Verfahrensbeteiligter oder die Staatskasse im Falle der Kostenerstattung regelmäßig nicht mehr als die gesetzliche Vergütung erstatten muss. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für eine Gebührenvereinbarung nach § 34. 
...

Landgericht Koblenz – Urteil vom 05.11.2024 – 1 O 382/23
(nicht rechtskräftig)

Besteht gegen ein Bundesland ein Anspruch auf Entschädigung nach dem Gesetz über Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen, wenn im Rahmen einer Durchsuchung von Wohn- und Geschäftsräumen Substanzen sichergestellt wurden, die zum Zeitpunkt der Durchsuchung noch nicht illegal waren jedoch in der Folgezeit in die Liste der illegalen Substanzen aufgenommen wurden? Diese Frage hatte die 1. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz zu beantworten.

Der Sachverhalt:

Der Kläger betrieb Handel mit psychoaktiven Substanzen. Im Januar 2021 wurden seine Wohn- und Geschäftsräume aufgrund eines Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlusses des zuständigen Amtsgerichts durchsucht. Im Rahmen der Durchsuchung wurden u. a. ca. 2.500 Einheiten 1cP-LSD, ca. 160 g 2F-Ketamin, Bargeld und ein Laptop aufgefunden und in amtlichen Gewahrsam genommen. Zu diesem Zeitpunkt war der Handel mit 1cP-LSD und 2F-Ketamin noch nicht verboten. Erst durch die am 03.07.2021 in Kraft getretene 2. Verordnung zur Änderung der Anlage des NpSG war der Handel mit 1cP-LSD und 2F-Ketamin nicht mehr erlaubt. Der für das Strafverfahren bestellte Verteidiger des Klägers beantragte mit Schreiben vom 19.02.2021 die Einstellung des Strafverfahrens und die Herausgabe der beschlagnahmten Gegenstände. Auf eine Beschwerde des Klägers vom 08.07.2021 gegen den Durchsuchungsbeschluss stellte das zuständige Landgericht sodann fest, dass die angefochtene Durchsuchung rechtswidrig gewesen sei. Nach der Einstellung des Strafverfahrens erhielt der Kläger das Bargeld und den Laptop zurück, das 1cP-LSD und das 2F-Ketamin wurde jedoch mit Blick auf die kurz zuvor erfolgte Änderung des NpSG nicht mehr freigegeben.

Auf Antrag des Klägers stellte das zuständige Amtsgericht mit Beschluss vom 08.12.2021 rechtskräftig fest, dass dem Kläger gemäß den §§ 2 ff. StrEG für die erfolgte Durchsuchung und die angeordnete Beschlagnahme Entschädigung aus der Staatskasse zu leisten sei.

Der Kläger hat in dem Verfahren u. a. vorgetragen, dass aufgrund des Beschlusses vom 08.12.2021 rechtskräftig feststehe, dass ihm eine Entschädigung für die Durchsuchung und Beschlagnahme zustehe. Streitgegenständlich sei daher nur noch die Höhe der Entschädigung. Der Vermögensschaden des Klägers bestehe zum einen aus frustrierten Anschaffungskosten für die beschlagnahmte Ware in Höhe des Ankaufspreises sowie dem entgangenen Gewinn (insgesamt 12.160,09 €). Wenn die Ware nicht rechtswidrig beschlagnahmt worden wäre, hätte sie der Kläger vor der am 03.07.2021 in Kraft getretenen Gesetzesänderung legal verkaufen können, wie er dies in der Vergangenheit getan habe. Durch die amtliche Verwahrung und das flankierende Verfügungsverbot sei die Ware wertlos geworden. Zudem seien ihm die im vorangegangenen StrEG-Verfahren entstandenen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.188,81 € zu erstatten.

Diese Gesamtforderung in Höhe von 13.348,90 € machte der Kläger in dem hier beschriebenen Verfahren geltend.

Das beklagte Land beantragte, die Klage abzuweisen und machte u. a. Mängel der Grundentscheidung des Amtsgerichts zur Entschädigungspflicht geltend. Es sei entgegen der Grundentscheidung keine förmliche Beschlagnahme sondern lediglich eine Sicherstellung der Substanzen erfolgt. Es fehle auch an der unerlässlichen Angabe des Zeitraumes, für welchen eine Entschädigung geschuldet werde. Der vom Kläger behauptete Schaden sei zudem nicht unmittelbare Folge der Strafverfolgungsmaßnahme sondern lediglich ein Schaden, der mittelbar aus Anlass einer Strafverfolgungsmaßnahme durch eine Gesetzesänderung entstanden sei und daher nicht dem Schutzbereich des StrEG unterfalle. Außerdem sei dem Kläger ein anspruchsauschließendes Mitverschulden anzurechnen, weil sein Geschäftsmodell auf einen Wettlauf mit dem Gesetzgeber angelegt gewesen sei. Der Kläger sei durch den Erwerb der Substanzen und deren Lagerhaltung bewusst ein Risiko eingegangen, dass jederzeit durch einen Akt des Gesetz- und Verordnungsgebers die Verkehrsfähigkeit habe entfallen können und die Substanzen somit für ihn wertlos seien.

Die Entscheidung:

Die 1. Zivilkammer hat die Klage abgewiesen.

Es fehle bereits an einer geeigneten Grundentscheidung im Sinne des § 8 StrEG, weil der Beschluss des Amtsgerichts vom 08.12.2021 mangels inhaltlicher Bestimmtheit nicht dazu geeignet sei, den mit der Klage verfolgten Entschädigungsanspruch des Klägers zu tragen. Der Beschluss stelle bereits nicht fest, dass dem Kläger für die erfolgte „Sicherstellung“ von Gegenständen eine Entschädigung aus der Staatskasse zu leisten ist. Dort sei vielmehr die Rede von einer „Beschlagnahme“, wobei nicht ersichtlich sei, dass und ggf. wann eine solche Beschlagnahme stattgefunden haben soll. Selbst wenn man der Auffassung wäre, dass es sich dabei lediglich um eine Falschbezeichnung gehandelt habe und sich der amtsgerichtliche Beschluss erkennbar auf die „Sicherstellung“ habe beziehen sollen, so fehle es gleichwohl an der unentbehrlichen Bezeichnung des Zeitraumes der betreffenden Strafverfolgungsmaßnahme, für welchem dem Kläger eine Entschädigung hat zuerkannt werden sollen.

Dem Kläger stehe aber auch unabhängig von den Bedenken gegen die Grundentscheidung kein Entschädigungsanspruch zu, weil der von ihm behauptete Schaden nicht als unmittelbare Folge der in Rede stehenden Strafverfolgungsmaßnahme anzusehen sei. Im vorliegenden Fall beruhe der behauptete Vermögensnachteil des Klägers letztlich nicht darauf, dass sich die betreffenden Substanzen vorübergehend in amtlicher Verwahrung befunden haben und während dieses Zeitraumes bspw. verdorben sind. Vielmehr beruhe der vom Kläger geltend gemachte Schaden darauf, dass der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber sich dazu entschlossen habe, die Rechtslage dahingehend zu ändern, dass die Verkehrsfähigkeit der betreffenden Stoffe zum 03.07.2021 entfallen war. Damit habe sich jedoch nicht ein typisches Risiko einer amtlichen Verwahrung verwirklicht, sondern vielmehr das dem Kläger bereits zum Zeitpunkt der Anschaffung der Substanzen bekannte Risiko einer kurzfristigen Änderung der Rechtslage und damit einhergehenden wirtschaftlichen Entwertung der Substanzen. Einen überzeugenden Grund, dieses wirtschaftliche Risiko dem beklagten Land im Hinblick auf die vorübergehende Sicherstellung der Stoffe aufzubürden, sah die Kammer nicht.

Darüber hinaus sei das Vorgehen des Klägers auch treuwidrig im Sinne von § 242 BGB. Obgleich dem Kläger ausweislich des Schreiben seines Verteidigers vom 19.02.2021 bekannt gewesen sei, dass der Gesetzgeber plane, eine Strafbarkeit hinsichtlich der streitgegenständlichen Substanzen einzuführen, sei erst nach Eintritt der geänderten Rechtslage förmlich Beschwerde gegen die Durchsuchung eingelegt worden. Dieses Verhalten deute darauf hin, dass es dem Kläger hierbei nicht darum gegangen sei, die Herausgabe der Substanzen aus der amtlichen Verwahrung so schnell wie möglich zu erreichen, um diese dann noch vor Änderung der Rechtslage gewinnbringend weiterveräußern zu können, sondern er vielmehr darauf gesetzt habe, die Rechtswidrigkeit der behördlichen Maßnahmen zu einem Zeitpunkt feststellen zu lassen, zu dem eine Verkehrsfähigkeit der Substanzen bereits nicht mehr gegeben war, um sodann Entschädigung vom beklagten Land beanspruchen zu können. Damit habe der Kläger jedoch gegen die ihn als Geschädigten allgemein treffende Obliegenheit verstoßen, den Schaden durch (rechtzeitigen) Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden. Dies stelle sowohl ein treuwidriges Verhalten im Sinne des § 242 BGB als auch ein Mitverschulden im Sinne des § 254 BGB dar.

Landgericht Koblenz – Beschluss vom 17.09.2024 – Aktenzeichen 11 O 12/24
(rechtskräftig)

Besteht gegen eine konkurrierende Firma im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens ein Anspruch auf Unterlassung der Abwerbung von Mitarbeitern? Diese Frage hatte die 11. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz zu beantworten.

Zum Sachverhalt:

Bei der Antragstellerin und der Antragsgegnerin handelt es sich jeweils um Firmen, die u.a. stationäre Brandschutzsysteme vertreiben und auf diesem Markt sowohl um Kunden als auch um Mitarbeiter konkurrieren. Etwa 25 Mitarbeiter, die derzeit oder bis vor Kurzem noch bei der Antragsgegnerin beschäftigt sind bzw. waren, hatten sich ursprünglich entschlossen, zu der Antragstellerin zu wechseln und mit dieser bereits Anstellungsverträge geschlossen. In der Folgezeit erklärten jedoch mehrere dieser zunächst wechselwilligen Mitarbeiter jeweils eine gleichlautende Kündigung dieser Anstellungsverträge und nahmen ihre Arbeit bei der Antragstellerin nicht auf.

Die Antragstellerin hat vorgetragen, dass die Antragsgegnerin zur Verhinderung des Verlusts ihrer Mitarbeiter und zur Schädigung der Antragstellerin die wechselwilligen Mitarbeiter dazu verleitet habe, die mit der Antragstellerin geschlossenen Anstellungsverträge zu verletzen. Die Antragsgegnerin sei für die identischen und kurz vor Arbeitsbeginn erklärten Kündigungen sowie für den darauffolgenden Nichtantritt der Arbeitsstelle verantwortlich. Es handele sich um ein konzertiertes und koordiniertes Vorgehen durch die Antragsgegnerin. Sie stelle den wechselwilligen Mitarbeitern kostenfreie Rechtsberatung durch einen externen Anwalt zur Verfügung. Schließlich habe die Antragsgegnerin den wechselwilligen Mitarbeitern eine Prämienzahlung in Höhe von 2.000-3.000 € versprochen, wenn sie von dem Wechsel Abstand nehmen würden. Durch die Kündigungen und das Nichterscheinen der ursprünglich wechselwilligen Mitarbeiter sei es zu erheblichen Störungen im Betriebsablauf der Antragstellerin gekommen.

Die Antragstellerin beantragte sinngemäß den Erlass einer einstweiligen Verfügung, mit der es der Antragsgegnerin untersagt werden sollte, aktuelle oder ehemalige Mitarbeiter der Antragsgegnerin, die ihr neues Anstellungsverhältnis bei der Antragstellerin gekündigt oder nicht angetreten haben, einstweilig für die Dauer von sechs Monaten, hilfsweise kürzer, einzustellen oder weiter zu beschäftigen. Zudem sollte der Antragsgegnerin sinngemäß untersagt werden, ihre ehemaligen oder aktuellen Mitarbeiter dazu zu veranlassen, ihr Anstellungsverhältnis bei der Antragstellerin zu kündigen oder nicht anzutreten, eine Prämie für den Fall auszuloben, dass ihre aktuellen oder ehemaligen Mitarbeiter nicht zu der Antragstellerin wechseln sowie den Mitarbeitern unentgeltlich Rechtsrat durch einen Anwalt in Bezug auf die Möglichkeiten einer Beendigung ihres Anstellungsvertrages bei der Antragstellerin zur Verfügung zu stellen.

Die Entscheidung:

Die 11. Zivilkammer hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen, weil weder ein Verfügungsanspruch noch ein Verfügungsgrund vorliege. Die Antragstellerin habe gegen die Antragsgegnerin keinen Anspruch auf Unterlassung gemäß § 8 Abs. 1 UWG i. V. m. §§ 4, 4a UWG. Es liege keine unzulässige geschäftliche Handlung vor, weil die Antragsgegnerin mangels gezielter Behinderung der Antragstellerin nicht unlauter gemäß § 4 Nr. 4 UWG gehandelt habe.

Das Abwerben und auch das Rückabwerben von Mitarbeitern eines Unternehmers, gleichgültig, ob er auf dem Absatzmarkt Mitbewerber ist oder nicht, sei grundsätzlich erlaubt. Es müssten daher zur Begründung der Unlauterkeit besondere Umstände vorliegen. Solche besonderen Umstände seien gegeben, wenn der konkurrierende Unternehmer mit der Abwerbung einen verwerflichen Zweck verfolge oder bei der Abwerbung selbst verwerfliche Mittel oder Methoden anwende. Ein verwerflicher Zweck werde beispielsweise verfolgt, wenn der Abwerber nicht sein eigenes unternehmerisches Fortkommen bezwecke, sondern primär die wirtschaftliche Entfaltung des Konkurrenten behindert werden soll. Es sei auch unlauter, einen Mitarbeiter abzuwerben, indem man ihn zum Vertragsbruch verleite. Es sei hingegen zulässig, dem Arbeitnehmer bei einer rechtmäßigen Kündigung helfend zur Seite zu stehen. Ebenso dürfe das Kündigungsschreiben vom neuen Arbeitgeber übermittelt oder für eine rechtmäßige Kündigung eine Prämie ausgelobt werden.

Vorliegend sei eine Behinderungsabsicht der Antragsgegnerin nicht ersichtlich. Die wechselwilligen Mitarbeiter wären zuvor bei ihr tätig gewesen, sodass sie ein erhebliches Eigeninteresse an der Weiterbeschäftigung dieser Mitarbeiter habe und diese benötige.

Soweit sich die Antragstellerin darauf berufe, dass die Antragsgegnerin die wechselwilligen Mitarbeiter zur Verletzung zum Vertragsbruch verleite, sei dies von der Antragstellerin nicht ausreichend glaubhaft gemacht. Allein aus dem Umstand, dass die Kündigungen in Wortlaut, Aufbau und Form identisch seien, folge nicht, dass diese von der Antragsgegnerin herrühren. Ein dahingehendes konzertiertes und koordiniertes Vorgehen durch die Antragsgegnerin sei weder dargelegt noch bewiesen.

Auch die im Rahmen einer Betriebsversammlung angekündigte Prämienzahlung stelle keine unzulässige Handlung dar, weil diese allen Mitarbeitern und nicht nur den wechselwilligen Mitarbeitern zu Gute kommen sollte. Dass den anderen wechselwilligen Mitarbeitern eine erhöhte Prämienzahlung außerhalb der Betriebsversammlung angeboten worden ist, sei hingegen nicht ersichtlich.

Auch sofern die Lösung des Vertrags durch die wechselwilligen Mitarbeiter einen Vertragsbruch darstellen würde, sei dies allein die Entscheidung des Beschäftigten. Im Falle der Vertragsverletzung könne der Arbeitgeber gegen ihn vorgehen. Eine unlautere Einwirkung auf die Entscheidungsfreiheit der wechselwilligen Mitarbeiter durch eine - als wahr unterstellte - Hilfe bei der Fertigung der Kündigung oder die - vermeintliche - Auszahlung einer Prämie sei nicht gegeben. Unlauterkeit liege nur bei Druck, unangemessenem Einfluss oder Irreführung des Arbeitnehmers vor.

Abschließend liege auch kein Verfügungsgrund vor. Die Vermutung der Dringlichkeit gemäß § 12 Abs. 1 UWG sei widerlegt. Die Antragstellerin habe durch ihr eigenes Verhalten, insbesondere das Zuwarten mit der Antragstellung (zwischen der ersten Kündigung eines ursprünglich wechselwilligen Mitarbeiters und der Antragstellung lagen drei Monate), die erforderliche Dringlichkeit selbst widerlegt.

Landgericht Koblenz – Urteil vom 07.08.2024 – 15 O 399/22
(rechtskräftig)

Besteht ein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld nach einem Foul im Rahmen eines Fußballspiels? Diese Frage hatte die 15. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz zu beantworten.

Der Sachverhalt:

Die Parteien nahmen als Feldspieler für unterschiedliche Mannschaften im Jahr 2019 an einem Fußballturnier teil. Während eines Spiels der beiden Mannschaften kam es zu einem Foul des Beklagten gegen den Kläger. Hierbei traf der Beklagte den Kläger an dessen rechtem Sprunggelenk, wobei der konkrete Ablauf zwischen den Parteien streitig war. Der Schiedsrichter entschied zwar auf Foul, sah aber von weiteren Maßnahmen, z.B. einer gelben oder roten Karte, ab.

Der Kläger behauptete im Verfahren, dass der Beklagte schon vor dem Spiel darüber verärgert gewesen sei, dass der Kläger während des Turniers für zwei unterschiedliche Mannschaften gespielt habe. Der Beklagte habe nach einer erfolglosen Beschwerde vor Beginn des streitgegenständlichen Spiels sinngemäß angekündigt, dass er dies „dann selbst regeln müsse“. Aus der Mannschaft des Beklagten sei bezogen auf die Mannschaft des Klägers auch der Satz gefallen: „Die hauen wir gleich um.“

Der Beklagte sei während des Spiels, ohne die Chance, an den Ball zu kommen, mit gestreckten Bein gegen das Sprunggelenk des Klägers gesprungen. Hierbei habe er es darauf angelegt, den Kläger zu treffen. Der Kläger habe durch das Foul einen Bruch des Wadenbeins, einen Bänderriss und eine Kapselverletzung am oberen Sprunggelenk seines rechten Fußes erlitten. Aufgrund der Verletzungen sei er insgesamt dreimal operiert worden und leide bis heute unter den Folgen der Verletzung und könne Kontaktsportarten nicht mehr und sonstige Belastungen, wie etwa Joggen, nur mit Schmerzen und nur eingeschränkt ausführen.

Der Kläger beantragte daher u.a., den Beklagten zur Zahlung von 10.000 € Schmerzensgeld und zur Zahlung eines Schadensersatzes in Höhe von 214,54 € (Eigenanteile für die Behandlungen) zu verurteilen. Zudem beantragte er die Feststellung, dass der Beklagte verpflichtet ist, alle weiteren aus dem Vorfall resultierenden Schäden zu ersetzen.

Der Beklagte beantragte die Klage abzuweisen.

Er behauptete, dass es ihm nicht darum gegangen sei, den Kläger zu verletzen. Es habe sich um einen normalen Zweikampf gehandelt und er habe lediglich unglücklich und unabsichtlich das Bein des Klägers getroffen.

Die Entscheidung:

Die 15. Zivilkammer hat die Klage abgewiesen. Es bestehe weder einen Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB noch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 223 StGB.

Die Haftung eines Sportlers aus § 823 BGB setze den Nachweis voraus, dass dieser schuldhaft gegen die Regeln des sportlichen Wettkampfs verstoßen und dabei einen anderen verletzt habe. Ein objektiver Regelverstoß - wie vorliegend das harte Treffen des Klägers mit dem Fuß am Sprunggelenk durch den Beklagten, ohne dass dabei der Ball getroffen worden wäre - indiziere allerdings nicht automatisch ein schuldhaftes Verhalten. Die Eigenart des Fußballspiels als Kampfspiel fordere vom einzelnen Spieler oft Entscheidungen und Handlungen, bei denen er schnell Chancen abwägen und Risiken eingehen müsse, um dem Spielzweck erfolgreich Rechnung zu tragen, was im Rahmen des Schuldvorwurfes berücksichtigt werden müsse. Ein Schuldvorwurf sei daher nur berechtigt, wenn die durch den Spielzweck gebotene bzw. noch gerechtfertigte Härte die Grenze zur Unfairness überschreite. Solange sich das Verhalten des Spielers noch im Grenzbereich zwischen kampfbetonter Härte und unzulässiger Unfairness bewege, sei ein Verschulden trotz objektiven Regelverstoßes nicht gegeben. Bei Wettkämpfen mit beachtlichem Gefahrenpotential - wie dem Fußballspiel -, bei denen typischerweise auch bei Einhaltung der Regeln oder geringfügigen Regelverletzungen die Gefahr gegenseitiger Schädigung bestehe, sei insofern davon auszugehen, dass jeder Teilnehmer diejenigen Verletzungen selbst mit schwersten Folgen in Kauf nehme, die auch bei Ausübung nach den anerkannten Regeln der jeweiligen Sportart nicht zu vermeiden seien. Eine Haftung des Beklagten komme daher nur bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Regelwidrigkeit oder beim Überschreiten der Grenze zwischen noch gerechtfertigter Härte und unfairem Regelverstoß in Betracht.

Die Kammer hat zum Hergang des Vorfalls Beweis durch die Vernehmung von Zeugen, die bei dem Fußballspiel anwesend waren, sowie durch Anhörung der Parteien erhoben. Hierbei kam es zu unterschiedlichen Darstellungen des Vorfalls. Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme ist die Kammer zu dem Ergebnis gekommen, dass der erforderliche unfaire Regelverstoß nicht nachgewiesen worden sei. Insbesondere stehe nicht fest, dass es ein grobes unentschuldbares Foul gegeben habe, was zu Lasten des beweisbelasteten Klägers gehe. Auch die Schwere der Verletzung lasse keinen generellen Rückschluss auf ein grob fahrlässiges Einsteigen des Beklagten zu. Zudem habe auch der Schiedsrichter keine weitere Strafe für das Foul vergeben, was ein Anhaltspunkt dafür sei, dass kein grob von der Norm abweichendes regelwidriges Foul vorgelegen habe.

Auszug aus dem BGB:
§ 823 BGB
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

LG Koblenz – Urteil vom 18.07.2024 – 5 O 53/18
(nicht rechtskräftig)

Haben Anwohner gegen die Betreiberin eines Windparks und gegen die Gemeinde, die die Fläche, auf der sich der Windpark befindet, verpachtet, Ansprüche wegen vermeintlich störender Immissionen (Reduzierung von Schall und Licht, Schadensersatz, Schmerzensgeld)? Diese Frage hatte die 5. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz zu beantworten.

Sachverhalt:

Die Kläger sind Eigentümer und Bewohner einer Immobilie, die sich in ca. 1,4 km Luftdistanz zum nächst gelegenen Windrad des von der Beklagten zu 2. betriebenen Windparks befindet. Die Beklagte zu 2. hat die Fläche, auf der sich der Windpark befindet, von der Beklagten zu 1. (Ortsgemeinde) gepachtet.

Die Kläger behaupteten, dass von den Windenergieanlagen schädliche Umwelteinwirkungen und unzumutbare Beeinträchtigungen hinsichtlich ihres Eigentums ausgehen würden. Der von der TA-Lärm vorgesehene Lärmwert werde nachts im Bereich ihrer Immobilie überschritten. Zudem trete noch im Bereich ihrer Immobilie von den Windenergieanlagen emittierter Infraschall unterhalb von 8 Hz auf, der als Erschütterung wahrnehmbar sei, in die Innenräume gelange und dort zu verstärkten Schalldruckwerten, Brummgeräuschen sowie Schwingungen führe. Hierauf seien wiederum vermehrter Stress, Beeinträchtigungen des Schlafes und sogar Gesundheitsschäden der Kläger zurückzuführen. Eine weitere Eigentumsbeeinträchtigung gehe von dem nachts durch den Windpark hell erleuchteten Himmel aus.

Die Kläger beantragten, die Beklagte zu 2. zu verurteilen, die durch den Betrieb der Windkraftanlagen verursachten benachteiligenden Wirkungen in den Ruhzeiten von 13:00 Uhr bis 15:00 Uhr sowie in den Ruhezeiten von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr dadurch auszuschließen, dass die Anlagen in den benannten Zeiten abgeschaltet werden und dass ausschließlich in den Fällen, in denen sich bei Dunkelheit tatsächlich Flugzeuge nähern, eine Nachtbeleuchtung der Windkraftanlagen erfolgt. Für den Fall, dass dies technisch oder wirtschaftlich nicht möglich sein sollte und dass auch die Störungen nicht anderweitig beseitigt werden können, forderten sie einen Schadensersatz in Höhe von mindestens 10.000 € von den Beklagten als Gesamtschuldner.

Zudem forderten die Kläger für den von ihnen behaupteten Wertverlust ihrer Immobilie von den Beklagten als Gesamtschuldner einen Schadensersatz in Höhe von 21.000 € sowie Schmerzensgeld für die bisher erlittenen Beeinträchtigungen in Höhe von insgesamt 25.500 (17.500 € für den Kläger zu 1. und 8.000 € für die Klägerin zu 2.).

Die Beklagten beantragten Klageabweisung und behaupteten, dass der auf das Grundstück der Kläger einwirkende Schall deutlich unterhalb der gesetzlichen Grenzwerte liege. Nachts sei lediglich ein kurzes Aufblinken der Warnleuchten wahrnehmbar, das jedoch nicht belästigend sei. Etwaige Ansprüche der Kläger seien zudem bereits deshalb ausgeschlossen, weil die Kläger die Genehmigung – was unstreitig war – nicht angefochten haben. Die Beklagte zu 1. könne als bloße Verpächterin ohnehin nicht verantwortliche Störerin und Schädigerin sein.

Die Entscheidung:

Die 5. Zivilkammer hat die Klage abgewiesen. Sie ist hierbei davon ausgegangen, dass keine wesentlichen Beeinträchtigungen des Eigentums der Kläger im Sinne des § 906 Abs. 1 BGB vorliegen.

Ein gerichtlich in Auftrag gegebenes Sachverständigengutachten habe ergeben, dass die in der TA-Lärm aufgeführten Grenzwerte von 55 dB(A) tagsüber bzw. 40 dB(A) nachts nicht überschritten werden. Der Sachverständige habe hierbei Langzeitmessungen zu mehreren unterschiedlichen Zeiten und unter unterschiedlichen Windbedingungen durchgeführt. Ausweislich des Gutachtens seien die von dem Windpark ausgehenden Geräusche auch nicht als impulshaltig anzusehen, so dass auch auf die gemessenen Lärmwerte kein Zuschlag erfolgen müsse. Dieses Ergebnis decke sich nach Ansicht des Gerichts auch mit dem ursprünglich im Rahmen des Genehmigungsverfahrens eingeholten Immissionsgutachten.

Die durchgeführten Messungen hätten auch keine Überschreitung der Grenzwerte tieffrequenter, akustisch nicht wahrnehmbarer Geräuschemissionen (Infraschall) ergeben. Zudem seien die in der Immobilie der Kläger messbaren tieftonalen Geräusche im gleichen Umfange messbar, wenn die Windenergieanlagen abgeschaltet waren, was eigens zur Überprüfung veranlasst wurde.

Die Beleuchtung der Windenergieanlagen sei nach Auffassung der Kammer von den Klägern hinzunehmen, weil diese zum einen unstreitig dem Stand der Technik entspreche und zum anderen erforderlich sei, um Kollisionen, insbesondere mit Luftfahrzeugen, zu vermeiden. Eine wesentliche Einwirkung auf das Eigentum der Kläger ergebe sich hieraus nicht.

Auch wenn die einzelnen Immissionen jeweils für sich alleine betrachtet keine wesentlichen Einwirkungen auf das Eigentum der Kläger ergeben haben, wurde durch die Kammer sodann noch geprüft, ob eine relevante Wechselwirkung aller Immissionen im Wege einer Gesamtschau zu einer wesentlichen Beeinträchtigung führe und dies verneint. Insbesondere sei eine von den Klägern behauptete angeblich besonders erdrückende Wirkung bis hin zu einer „Gefängnishofsituation“ bereits angesichts der Entfernung zwischen den Windkraftanlagen und dem Grundstück der Kläger auszuschließen. Die Windräder seien zwar aus allen Perspektiven am Horizont gut sichtbar, führten jedoch nicht zu einer „Abriegelung“ der Wohnbebauung. Es könne dementsprechend dahinstehen, inwieweit das Rücksichtnahmegebot des öffentlichen Baurechts überhaupt zu berücksichtigen sei.

Da keine wesentlichen Beeinträchtigungen durch den Windpark festzustellen seien, seien somit auch die geltend gemachten Ansprüche auf Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld unbegründet.

Hinsichtlich der Beklagten zu 1. komme noch hinzu, dass diese den Windpark nicht selbst betreibe, sie der Beklagten zu 2. die Errichtung und den Betrieb der Anlagen lediglich im Rahmen der pachtweisen Überlassung gestattet habe und dementsprechend grundsätzlich darauf vertrauen dürfe, dass der Betrieb durch die Beklagte zu 2. derart ausgestaltet ist, dass eine Verletzung der Rechtsgüter Dritter ausgeschlossen ist. Eine zumindest fahrlässige Mitverursachung einer Eigentums- oder Gesundheitsverletzung der Kläger i. S. d. § 823 I BGB durch die bloße Verpachtung der für den Windpark genutzten Flächen oder ein anschließendes Unterlassen sei jedenfalls ausgeschlossen, solange keine Anhaltspunkte für etwaige Rechtsverletzungen bestehen.